© Peter Seiler DAV Sektion Frankenthal

Hauptversammlung des DAV 2025 in Passau

29.11.2025

Vom 21. bis 23. November 2025 fand die ordentliche Hauptversammlung des Deutschen Alpenvereins (DAV) in Passau statt. Gastgeberin der Veranstaltung war die Sektion Passau, die mit großer Gastfreundschaft und einem hervorragend organisierten Rahmenprogramm überzeugte. Delegierte aus rund 270 Sektionen aus ganz Deutschland kamen zusammen, um über zentrale Themen der Vereinsarbeit, zukünftige Entwicklungen und wichtige Beschlussvorlagen abzustimmen.

Im Mittelpunkt standen neben den Berichten des Präsidiums und der Ressorts vor allem Entscheidungen zu Finanz- und Infrastrukturthemen+, Umwelt- und Naturschutzfragen sowie Rahmenbedingungen für den Bergsport. Die Veranstaltung bot zudem Gelegenheit zum intensiven Austausch zwischen den Sektionen und zum Netzwerken.

Klimaschutz (TOP 7.1)

Die Emissionsbilanzierung bleibt zentrale Grundlage der DAV-Klimaschutzstrategie, wird ab 2025 jedoch durch eine vereinfachte Pauschalvariante ergänzt. Gleichzeitig wird das Bilanzierungstool für mehr Nutzerfreundlichkeit weiterentwickelt. Der interne CO₂-Preis beträgt 90 €/t für 2023/24 und 140 €/t für 2025–2027.

Änderungsanträge zur Herausnahme von Verbrauchsgütern auf Hütten und in Kletterhallenbistros sowie des gesamten ÖPNV aus der Bilanzierung wurden deutlich abgelehnt. Das Reduktionsziel von 30 % bis 2026 bleibt bestehen.

Ab 2026 gilt eine neue Selbstverpflichtung:

Emissionsarme, regionale und tierproduktarme Verpflegung auf Hütten, in Kletteranlagen und bei Veranstaltungen
Veranstaltungsorte sollen möglichst gut mit dem ÖPNV erreichbar sein
Die Förderrichtlinien des Klimafonds wurden angepasst; gefördert werden u.a. Beratungen, Betriebskonzepte, Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher und Energieeffizienzmaßnahmen.

hier das neue Klimaschutzkonzept

hier die aktualisierten Förderichtlinien Klimafond

Digitalisierung und IT-Landschaft (TOP 8)

Der Tagesordnungspunkt zur digitalen Zukunft des DAV wurde ausführlich und kontrovers diskutiert. Im Zentrum stand die dringend notwendige Ablösung der bestehenden, auf Access basierenden Mitgliederverwaltung, die technisch an ihre Grenzen stößt. Auch das ERP-System Navision muss bis 2028 ersetzt werden, da es seitens Microsoft abgekündigt wurde und ein Umstieg auf den Nachfolger finanziell nicht darstellbar ist. Zudem bestehen datenschutzrechtliche Probleme beim Zugriff auf Programme und Daten, die zeitnah behoben werden müssen. Die bisherige Eigenentwicklung „DAV360 Mitglieder“ wurde wegen funktionaler Mängel und finanzieller Verluste eingestellt.

Mit knapper Mehrheit setzte sich der Änderungsantrag der Sektionen durch:
Der Bundesverband erhält keine zusätzlichen Mittel für die Entwicklung der neuen Mitgliederverwaltung. Mit den vorhandenen rund 4,8 Mio. € jährlich muss innerhalb von 15 Monaten eine funktionsfähige Basisversion geliefert werden. Erst nach erfolgreicher Einführung in mindestens acht Sektionen unterschiedlicher Größe (mindestens sechs Monate Laufzeit) und nach Vorlage eines belastbaren Finanzierungs- und Zeitplans für weitere Bausteine (Kurse/Touren, Ausleihe) wird die Hauptversammlung erneut über die Finanzierung beraten.

Die interne Vorfinanzierung des Projekts Alpenverein digital erfolgt somit ausschließlich aus dem Haushalt, nicht durch Umlagen oder Beitragserhöhungen. Die seit 2018 bestehende Projektorganisation wird aufgelöst. Die neue Mitgliederverwaltung soll auf Basis der Open-Source-Software Hitobito oder einer gleichwertigen Lösung entwickelt werden. Der digitale Mitgliedsausweis wird nicht ab 2027, sondern erst nach dem Go-Live der neuen Software (voraussichtlich Ausweisversand 2028) eingeführt – damit er direkt in die neue Systemwelt integriert ist.

Ob der Verzicht auf zusätzliche Finanzmittel eine langfristig glückliche Entscheidung ist, bleibt abzuwarten. Es besteht das Risiko, dass Ziele später oder gar nicht erreicht werden. Zwar übernahm das Präsidium Verantwortung für das Scheitern der bisherigen Entwicklung und legte die Probleme offen, dennoch zeigte sich das erhebliche Misstrauen vieler Sektionen deutlich.

Verbandsfinanzierung, Immobilien und Satzung (TOP 9, 12–15)

Im Tagesordnungspunkt zur Verbandsfinanzierung (TOP 9) wurde beschlossen, dass 2025 keine Erhöhung des Verbandsbeitrags erfolgt – insbesondere nicht in Bezug auf Mehrjahresplanung und Leistungssport. Ein Antrag zur Einführung einer indexierten Beitragsanpassung wurde zurückgezogen.

Der Bundesverband besitzt in der Kahrstraße in München noch die alte Geschäftsstelle. Nach Beschluss in TOP 12 soll das Gebäude nicht mehr als klimaangepasster Wohnungsbau weiterentwickelt werden, sondern mittelfristig möglichst gewinnbringend veräußert werden.

Der TOP 13 „Wegweiser Hütten bis 2030“ wurde mit vergleichsweise wenig Diskussions- und Änderungsbedarf verabschiedet. Ebenso unproblematisch verliefen die Satzungsänderungen zur Einführung einer Beitrags- und Umlagenordnung.

In TOP 15 ging es um die Amtszeiten der Präsidiumsmitglieder: Sie werden für vier Jahre gewählt, eine zweimalige Wiederwahl ist möglich. Für den amtierenden Präsidenten oder die Präsidentin ist eine zusätzliche Wiederwahl über die Zweimalgrenze hinaus zulässig, sofern es sich um die erste Amtszeit handelt. Danach ist eine erneute Wahl erst nach einer Zwischenzeit von vier Jahren möglich. Diese Regelung berücksichtigt, dass neu gewählte Präsidiumsmitglieder fast die gesamte erste Wahlperiode benötigen, um sich in den komplexen Verband einzuarbeiten, wodurch die neue Amtszeit die Möglichkeit eröffnet, den Verband auch inhaltlich weiterzuentwickeln.

Strukturprozess und Stimmenmehrheit

Der von der Sektion Frankenthal unterstützte Antrag auf Einführung einer doppelten Stimmenmehrheit wurde leider mit knapper Mehrheit in den Strukturprozess verwiesen. Ziel des Antrags war es, die Stimmen der kleinen Sektionen zu stärken. Nach dem bisherigen Abstimmungsmodell können die 74 größten Sektionen die einfache Stimmenmehrheit erreichen, und die 18 größten Sektionen können bereits eine Satzungsänderung verhindern. Eine deutliche Mehrheit der kleineren Sektionen hat derzeit jedoch keine Möglichkeit, eine Satzungsänderung zu blockieren.

Weitere Beschlüsse und Verschiebungen

Ein Antrag mehrerer Sektionen auf Erhöhung des Mindestverbandsbeitrags wurde mit klarer Mehrheit abgelehnt.

Der Austragungsort der Hauptversammlung (TOP 18) sowie der Finanzvoranschlag 2026 wurden in die außerordentliche Hauptversammlung in Mannheim verschoben. Hintergrund war, dass der Bundesverband aufgrund des in TOP 8 beschlossenen Wegfalls von rund 9 Mio. € Einnahmen kurzfristig keinen validen Vorschlag unterbreiten konnte.

Die Wahlen der neuen Rechnungsprüfer und der Regionalvertreter im Verbandsrat rundeten die Sitzung ab. Aufgrund der intensiven Diskussionen, insbesondere zu TOP 8, endete die Sitzung mit etwa einstündiger Verspätung erst kurz nach 18 Uhr.

Strukturkonzept: Sonntagvormittag

Am Sonntagvormittag trafen sich die Sektionenvertreter zu einer intensiven Erläuterung und Diskussion des neuen Strukturkonzeptes. Die wesentlichen Punkte:

Hauptversammlung bleibt als oberstes Kontroll- und Entscheidungsgremium erhalten, ebenso die Sektionen als Basis.
Es wird ein Präsidium geben, zusammengesetzt aus Regionenvertretern (von den Landesverbänden gewählt) und Aufsichtsratsmitgliedern (von der Hauptversammlung gewählt). Dabei entsprechen die Regionenvertreter dem bisherigen Verbandsrat, die Aufsichtsratsmitglieder dem bisherigen Präsidium.
Das ehrenamtliche Präsidium beruft die hauptberufliche Geschäftsführung, die den Verband nach §26 BGB vertritt. Damit wird die Verantwortung vom Ehrenamt auf das Hauptamt übertragen. Das Ehrenamt konzentriert sich auf strategische Ausrichtung und Kontrolle, die Geschäftsführung auf operative Umsetzung. Die bestehenden Abteilungen der Bundesgeschäftsstelle übernehmen die Aufgaben; es sollen keine neuen Stellen geschaffen werden.
Die neue Konstellation entlastet das ehrenamtliche Präsidium deutlich, das aktuell anstehende Aufgaben kaum noch stemmen kann (z. B. sechs Notartermine in München im letzten Jahr).
Der Aufsichtsrat wird von strategischen Beratungsgremien unterstützt, die Geschäftsführung kann operative Beratungsgremien berufen und sich beraten lassen.
Das Modell wurde intensiv diskutiert; die Projektgruppe erhielt Aufgaben zur Verfeinerung und Klärung offener Punkte. Die außerordentliche HV Ende Februar 2026 in Mannheim soll das neue Strukturkonzept verabschieden, die ordentliche HV im November 2026 beschließt die dafür notwendigen Satzungsänderungen. Die Umsetzung der neuen Struktur ist für Q1/2027 vorgesehen.

hier der aktuelle Stand des Strukturkonzeptes

 

Die HV 2025 zeigte erneut, dass die Sektionenvertreter ihre Aufgabe der Kontrolle von Verband und Bundesgeschäftsstelle sehr ernst nehmen. Trotz des vorhandenen Konfliktpotenzials verliefen die Diskussionen überwiegend ruhig und wertschätzend.

Weiter geht es jetzt voraussichtlich am 28.02.2026 mit der außerordentlichen Hauptversammlung in Mannheim. Hier gibt es mehrere Themen die diskutiert und abgestimmt werden müssen.

  • den Voranschlag für das Geschäftsjahr 2026
  • das neue Strukturkonzept
  • alpenverein digital

Die nächste ordentliche Hauptversammlung findet am 20. und 21.November 2026 in Erfurt statt.

 

Peter Seiler